Strategie:

(s. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Aikido-Techniken)

Wie alle auf einen bestimmten Zweck (Angriff, Verteidigung, Neutralisation) ausgelegten Anwendungen von Kampfkünsten, weisen auch Aikidōtechniken strategische Vorzüge und Nachteile auf. Der größte Vorteil erzielt der Aikidoka dadurch, dass die Angriffsbewegung nicht blockiert wird. Solange eine Bewegung von Uke (Angreifer) aufrechterhalten wird, stehen Lenk- und Führungstechniken im Vordergrund. Stagniert die Bewegung, oder wird sie blockiert, wird mit zweckmäßiger Technik und Körperbewegung wieder eine Bewegung von Uke ausgelöst.

Ein gewisser Nachteil besteht darin, dass die optimale Körperbewegung nur mit Bezug zu einem Partner geübt werden kann. Dazu ist ein sehr hohes Maß an taktiler Wahrnehmung und Sensibilität für Bewegung und vielfach ein längeres und intensiveres Üben notwendig.

Aikido kennt keine Absicht zur direkten Schädigung eines Angreifers, noch kennt Aikidō das Ziel des Gewinnens im Zweikampf. Der Aikidoka optimiert seine Verteidigungsstrategie, in dem er mit seinem hohen Bewegungspotenzial einen Angriff stört und diesen durch die Überleitung in Wurf- und Haltetechniken vereitelt.

In vielen Kampfkünsten werden Offensivtechniken gelehrt. Dabei erscheint es für Laien logisch, dass "Angriff die beste Verteidigung" darstellt. D.h. das Heil - die Lösung eines latenten Konfliktes - wird im Angriff gesucht. Der Angriff soll dabei zweckdienlich sein, den Kontrahenten auszuschalten. Das ist meistens mit einer körperlichen Schädigung oder anderweitigen Beeinträchtigung seiner Integrität verbunden. Diese Strategie ist aus Sicht des Aikidō eine Illusion, denn sie enthält nebst der moralischen Verwerflichkeit auch große strategische Schwachstellen!

Im technischen System des Aikidō sind keinerlei Offensivtechniken enthalten. Denn jede offensive Handlung enthält einen sog. "Point of no Return", einen bestimmten Punkt in der Bewegungsfolge, nach Überschreiten dessen der initiierte Angriff nicht mehr abgebrochen werden kann, der Erfolg des Angriffs, also das Herstellen einer überlegenen Situation über den Kontrahenten, aber auch noch nicht eingetreten ist. Jedes Ausführen einer Offensivhandlung enthält dabei Ansatzpunkte, an welchen der Angriff gestört und damit der Erfolg vereitelt werden kann. Der Aikidoka verfolgt mit seiner ausschließlich defensiven Aktion das strategische Ziel der Vereitlung des Angriffs zusammen mit der Übernahme der vollständigen Kontrolle über die Bewegung des Angreifers. Der Angriffsbewegung wird dabei keine energieverzehrende Blockade entgegengebracht und somit bleibt die Dynamik erhalten. Während der Synchronisation mit der Angriffsbewegung übernimmt der Aikidoka dabei die Kontrolle über die Bewegung des Angreifers.

Initiative anstelle von Angriff Wie kann in einer latent gefährlichen Situation die Konfrontation zufriedenstellend und unter weitgehender Wahrung der Integrität beider Parteien aufgelöst werden? In einer konfliktträchtigen Situation, in der ein Angriff unmittelbar bevor steht, aber noch nicht begonnen hat (hätte er begonnen, wäre eine Bewegung vorhanden, mit welcher der Aikidoka die Synchronisation sucht), hat der Aikidoka die Wahl, ob er den Streit aufhebt oder beim Kontrahenten den Angriff initiiert. Im ersten Fall wird er aufmerksam warten oder gehen, im zweiten Fall offeriert er dem Angreifer ein lohnendes Ziel: der Aikidoka nimmt eine offene Körperhaltung ein, in welcher er eine Hand, einen oder beide Arme oder einen anderen Punkt seines Körpers als Ziel für einen Griff, Hieb oder Stich anbietet. Ein wirklich angriffswilliger Kontrahent wird ein solches "Angebot" kaum ausschlagen, denn er wird davon überzeugt sein und wird darin noch bestärkt, dass man einen "Krieg nur anfangen sollte, wenn man ihn auch gewinnen kann". Der Aikidoka kann dabei noch als zusätzliches strategisches Mittel die Initiative in der Bewegung einsetzen: Mit einer Bewegung in Richtung auf den potenziellen Angreifer zu (siehe auch: Bewegung Irimi), wird dieser mit größter Wahrscheinlichkeit unmittelbar seinen Angriff beginnen, weil dadurch das zeitliche Moment seines bereits gefassten Entschlusses zum Angriff verkürzt wird. Der Vorteil liegt dabei auf Seiten des Aikidoka, da er einerseits auf den Angriff vorbereitet ist, dem Angreifer ein Ziel seiner eigenen Wahl bietet und darüber hinaus den Zeitpunkt des Angriffs bestimmt.

Trotz dieser Vorgehensweise bleibt der defensive Charakter des Aikidō erhalten, denn das Anbieten einer Lücke zum Angriff, wie auch die initiative Bewegung auf einen potenziellen Angreifer zu, stellen an sich keine Offensive dar. Sie dienen aus Sicht des Aikidō der positiven Kontrolle über die Situation unter Wahrung der Integrität beider Parteien.